Der Pianist und Free-Jazz-Pionier Cecil Taylor verstarb am 5. April, ein paar Tage nach seinem 89. Geburtstag. Schon als er 1956 seine erste Schallplatte herausbrachte ("Jazz Advance!" auf Tom Wilsons Label Transition) stand er wie ein Solitär in der Landschaft. Sein geschultes Klaverspiel war von immenser Wucht und Dringlichkeit. Das sollte sich bis ins Hohe Alter nicht ändern.
 
Musiker, die ihm auf Augenhöhe begegnen konnten, suchte Taylor damals noch vergeblich. Der Bassist Buell Neidlinger (er verstarb am 16. März im Alter von 82) und der auf den Virgin Islands geborene Schlagzeuger Dennis Charles (1933–1998) spielten in den ersten Jahren mit Taylor, wenn dieser denn wieder einmal eine Auftrittsmöglichkeit fand. Auf dem ersten Album gastiert auch der junge Sopransaxophonist Steve Lacy auf ein paar Stücken, später erweiterte Archie Shepp am Tenorsaxophon die Band zum Quartett. Als die Gruppe um 1960 allmählich zu einer Einheit zusammengewachsen war, die Musik Taylors sich vom Piano auf die ganze Band zu übertragen begann, fiel sie auseinander. Taylor fand im Schlagzeuger Sunny Murray, dem Bassisten Henry Grimes und besonders dem Saxophonisten Jimmy Lyons. Er wurde zum treuen Weggefährten und trat bis zu seinem frühen Tod 1986 mit Taylor auf.
 
In meiner Sendung stelle ich die ersten Jahre vor, wir hören Aufnahmen von 1956 bis 1962. Im Mittelpunkt steht der stupende Pianist Taylor, der sich auf Thelonious Monk und Duke Ellington bezog, sich mit der Musik von Bartók und Stockhausen auseinandersetzte, Dave Brubeck und Erroll Garner schätzte. Aus all diesen Einflüssen – und vor dem Hintergrund einer Liebe für die Musik der Sängerin Billie Holiday und für Rhythm & Blues – formte Taylor eine ganz eigene Sprache, die noch vor Ornette Coleman zur Initialzündung der New Yorker Avantgarde wurde, aus der sich in den frühen Sechzigern – Taylor glänzte mangels neuer Platten und Auftrittsmöglichen gerade dann durch Abwesenheit – der Free Jazz entwickelte.